Gegenstandsbereich "Migration"
Die interdisziplinären Forschungen zum Gegenstand „Migration“ am Viadrina Center B/ORDERS IN MOTION erschließen das Verhältnis von sozialen Ordnungen und Migration, das durch Grenzen konstituiert wird. Damit soll ein tieferes Verständnis für die Bedeutung von Grenzen in Bezug auf die Steuerung von menschlicher Mobilität und migrantischer Agency und die dadurch bedingte Veränderung von sozialer Ordnung erlangt werden.
Dabei interessiert uns, wie Grenzen „zu einer Methode“ werden, um Menschen zu kategorisieren und klassifizieren – z.B. entlang von Herkunft, Kultur, Ethnie, Gender, Bildung, Klasse und Arbeitsmarktnützlichkeit –, um ihre Mobilität zu kanalisieren und ihnen innerhalb einer Ordnung spezifische räumliche, soziale und zeitliche Positionierungen zuzuweisen. So wirken Staatsgrenzen wie semipermeable Membranen, die einigen Zugang und Rechte eröffnen, die sie anderen verwehren.
Grenzen sind hier wiederum nicht nur als politisch-territoriale zu verstehen. Vielmehr geht es auch um soziale und diskursive Grenzziehungen sowie um administrative Barrieren oder rechtliche Schranken, die zur staatlichen Einschließung und Ausgrenzung von Migrant:innen führen. Wenngleich innerhalb der EU die Funktion der Personenkontrolle weggefallen ist und politisch-territoriale Grenzen innerhalb der EU weniger wirkmächtig zu sein scheinen, treffen Migrant:innen auch jenseits der lokalisierbaren Staatsgrenzen auf vielfach gestaffelte Barrieren.
Von besonderem Interesse für unseren Ansatz ist die Frage, wie sich räumliche, soziale und temporale Dimensionen von Grenzen verschränken und hier liminale Räume oder auch Grauzonen schaffen. So können territoriale Grenzen in temporaler Hinsicht die Geschwindigkeit von Mobilität beeinflussen und Migrant:innen in Wartepositionen halten. Transitzentren schaffen – politisch motiviert – für die unterschiedlichen Bewohner:innen eigene Zeit-Räume. Grenzen können auch Räume der Gewalt eröffnen, in denen Menschen für einen unbestimmten Zeitraum rechtlos sind. Weitere lokalisierbare Grenzen bestehen z.B. in städtischen und ländlichen Wohnvierteln, die sich durch unterschiedliche Infrastrukturen oder auch den sozialen Status ihrer Bewohner:innen unterscheiden.
Von weiterem Interesse ist die Frage nach den Grenzen zwischen verschiedenen Ordnungen, die sich entweder überlappen oder miteinander in Konflikt treten und die sich auf Migrant:innen und ihre Positionierungen in Ordnungssystemen auswirken können. Dies ist etwa der Fall, wenn nationalstaatliche Souveränitätsansprüche mit universalen Menschenrechten kollidieren.