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Koordination selbstständiger Unselbstständigkeit: Erwerbsarbeit jenseits der Organisation im Internetzeitalter

Projektleitung:

Drittmittelgeber:

Fritz-Thyssen-Stiftung im Förderschwerpunkt "Staat, Wirtschaft & Gesellschaft"

Projektlaufzeit:

2015–2020

Projektbeschreibung:

Die beschleunigte Entwicklung digitaler Technologien verändert und globalisiert auf komplexe und vielfältige Weise Lebens- und Arbeitswelten und prägt den Übergang zur Wissensgesellschaft. Damit gehen Veränderungen der Koordinationsformen von Erwerbsarbeit einher, die im Kontext neuer Subjektivierungs- und Entgrenzungsdynamiken herkömmliche (nationalstaatlich geprägte) Verständnisse abhängiger Arbeit im Recht und in der Organisationstheorie in Frage stellen. Traditionelle Prozesse der Arbeitsteilung, die entsprechende Tätigkeiten in den Ordnungsrahmen Organisation, Markt oder zuletzt in Netzwerken zusammenführen, werden immer öfter durch die unterschiedlichsten hybriden Koordinationsformen ersetzt. Crowdworking, der Untersuchungsgegenstand des Projekts, zeigt, wie sich Unternehmen unter Globalisierungs- und Innovationsdruck öffnen, um flexibel externe Wissens- und Produktions­quellen zu nutzen, wodurch räumlich, zeitlich und auch sozial distante Wirtschaftssubjekte in der Peripherie der Unter­nehmens­organisation auf neue Art in den Wert­schöpfungs­prozess eingebun­den und selbstständig unselbstständig beschäftigt werden.

Die Entwicklung überschreitet in mehrfacher Hinsicht Grenzen: Die Verflüssigung von Grenzen in der Koordination von Erwerbsarbeit vollzieht sich auf mindestens drei unterschiedlichen Ebenen, die sich wechselseitig bedingen und beeinflussen: auf organisationaler Ebene in Bezug auf Innen versus Außen; auf rechtlicher Ebene in Bezug auf arbeitsvertragliche versus sonstige (wirtschafts-)vertragliche Beziehungen; auf Subjektebene in Bezug auf selbständige und unselbstständige Erwerbsarbeit. Zugleich werden dadurch nationalstaatliche Grenzen überschritten, sodass normative Konzepte nicht mehr länger nur im nationalstaatlichen Rahmen sondern global und transnational gedacht werden müssen. Um diese komplexen Grenzverwischungen angemessen beschreiben und verstehen zu können, erscheint auch das Überschreiten disziplinärer Grenzen erforderlich. Wir werden deshalb in interdisziplinärer Kooperation rechtswissenschaftliche, organisations­theoretische und subjektsoziologische Perspektiven zusammenbringen. Dazu verwenden wir einen prozess-, interaktionsfokussierten und reflexiven Analyseansatz, der die Herausbildung neuer Organisationsmuster, Rechtsverhältnisse und Subjektpositionierungen erschließen kann, sowie einen spezifischen Methodenpluralismus. Im Mittelpunkt der Beobachtung stehen die vielseitigen und komplexen Inter­aktions- und Aushandlungs­beziehun­gen zwischen Crowdsourcern, internetbasierten Koordinations­platt­formen, Crowd und Crowd­worker/innen, die wir anhand der (für das Phänomen der selbst­ständigen Unselbst­ständigkeit konstitutiven) Parameter von Autonomie versus Kontrolle sowie von Flexibilität versus Stabilität analysieren. Hierzu nutzen wir ein praxeologisches Vorgehen sowie qualitative, kontrastive Fallstudien in verschiedenen Branchen und entlang der Dimension von einfacher, partialisierbarer versus komplexerer Arbeits­leistungen. In normativer, rechtskritischer Perspektive fragen wir schließlich, wie die neu entstehenden Formen der Erwerbsarbeit verfasst werden können, insbesondere welche Schutz- und Regelungskonzepte aussichtsreich sind und welche Anforderungen sich in einer globalisierten Welt für Recht und Politik ergeben können.

Aktuelle Informationen finden Sie hier: https://www.rewi.europa-uni.de/de/lehrstuhl/br/arbeitsrecht/forschung/Interdisziplinaeres-Forschungsprojekt-Crowdwork/index.html

Dieses Drittmittelprojekt konnte erfolgreich eingeworben werden im Rahmen der Seed Money-Förderung der Projektentwicklung „Grenzen der Erwerbsarbeit im Wandel – Transdisziplinäre Forschung zu Subjekt, Organisation und Recht“.

Zuordnung des Projekts zu den Gegenstandsbereichen:

Grenze
Migration