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Entgrenzter Kapitalismus. Das „Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik“ (1904-1933) und die europäischen Wissenschaftskulturen

Projektleitung:

Kooperationspartner:innen:

  • Zentrum für Literatur- und Kulturforschung (ZfL) Berlin

Drittmittelgeber:

Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg (Seed Money-Förderung Januar bis Dezember 2016)

Projektlaufzeit:

seit Januar 2016, neu ausgerichtet September 2021

Link-Liste der Digitalisierten Bände

Projektbeschreibung:

Die globale „Entgrenzung“ des Kapitalismus seit Beginn des 20. Jahrhunderts erfordert neue Formen wissenschaftlicher Selbstbeschreibung der sozialen Welt und führt zu neuen Ordnungen des Wissens. Auf diesen Prozess einer Verwissenschaftlichung des sozialen Denkens, der sich in Europa einerseits in spezifischen Grenzen nationaler Wissenschaftskulturen vollzog, andererseits diese Grenzen durch eine transnationale Wissenszirkulation permanent überschritt, richtet sich das Projekt. Inhaltlich widmet es sich dem Problem, wie „eine hoch integrierte Weltwirtschaft, der Nationalstaat und massendemokratische Politik“ (Knut Borchardt) vor und nach dem Ersten Weltkrieg miteinander vereinbar sind. Wie ein roter Faden zieht sich dieses Problem durch die Zeitschrift „Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik“ (AfSS)“ die als Pionier internationaler historischer Sozialforschung gilt. Das Projekt wählt es deshalb zum empirischen Ausgangspunkt für Untersuchungen zur Verwissenschaftlichung politisch-sozialer Grundbegriffe über nationale und fachspezifische Grenzen hinweg. Das AfSS besetzte bis zu der Emigration seines letzten Herausgebers und dem Ideentransfer an die New School for Social Research in New York die Themenfelder, die wir heute unter den Stichworten „Globalisierung“, „Arbeitsgesellschaft“, „Aufgaben des Sozialstaates“ und ganz generell zu den Spannungen zwischen ökonomischer Ordnung und politischer Herrschaft diskutieren.

Entgrenzter Kapitalismus

Das ‚Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik‘ (1904-1933) und die Semantiken des politisch-sozialen Diskurses

Die globale ‚Entgrenzung‘ des Kapitalismus seit dem späten 19. Jahrhundert erforderte neue Formen wissenschaftlicher Selbstbeschreibung der sozialen Welt und führte zu neuen Ordnungen des Wissens. Auf diesen Prozess einer Verwissenschaftlichung des sozialen Denkens richtet sich das Projekt.

Das Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik (AfSS), das von 1904 bis 1933 erschien, gilt international als Pionierunternehmen der Sozialforschung im frühen 20. Jahrhundert. Ausgehend von der These, dass neue Grundbegriffe im 20. Jahrhundert wesentlich durch die Wissenschaften geprägt worden sind, werden die im AfSS verhandelten Semantiken des politisch-sozialen Diskurses begriffsgeschichtlich untersucht. Methodisch ist dies dank der Volltextdigitalisierung in einer Kombination aus digitalen und hermeneutischen Verfahren möglich.
Leitend ist die in der Zeitschrift über drei Jahrzehnte verhandelte Frage nach der global entgrenzten kapitalistischen Wirtschaft in ihrer Vereinbarkeit mit nationalstaatlicher Ordnung und massendemokratischer Politik. Zu ermitteln ist die zeitdiagnostische Kompetenz des AfSS zu Weltkrieg und Kriegswirtschaft, zu Revolution und Sozialisierung, zu Hyperinflation und Weltwirtschaftskrise, zu sozialer Klassenbildung und politischen Radikalisierungen. Detailliert untersucht wird der Anspruch des AfSS, Sozialwissenschaft und Sozialpolitik neu zu verbinden, dabei eine übergeordnete Einheit der sich ausdifferenzierenden Sozial- und Wirtschaftswissenschaften zu bewahren und über den sozialökonomischen Kernbereich hinaus die historischen und kulturellen Prägekräfte kapitalistischer Entwicklung zu erforschen. Drei Ebenen sind für eine Untersuchung dieser Zeitschrift primär zu berücksichtigen: 1) der Verlag mit seiner Markt- und Distributionsmacht; 2) die insgesamt sieben Herausgeber mit ihrer Definitionsmacht über Themen und Autorenwahl und 3) die Aushandlung und Ordnung des als relevant erachteten Wissens.

Mit dem AfSS wird erstmals eine wissenschaftliche Zeitschrift mit den Methoden der historischen Netzwerkanalyse in ihren sozialen Dimensionen sowie durch inhaltlich-hermeneutische Analyse signifikanter Themenfelder in ihren wissenschaftsdynamischen Dimensionen als ein ‚Wissensnetzwerk‘ erfasst. Wesentlicher Teil des Vorhabens ist die Digitalisierung, Erschließung und Publikation der gesamten Zeitschrift nach den DFG-Praxisregeln „Digitalisierung“, um das AfSS der heutigen Wissenschaftsgemeinschaft erstmals und langfristig im Open Access verfügbar zu machen. 

Zuordnung des Projekts zu den Gegenstandsbereichen:

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