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Ambivalenzen der Europäisierung. Prekäre Ordnungen Europas in Geschichte und Gegenwart

Projektleitung:

Projektbearbeiter:innen:

Drittmittelgeber:

Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg (Seed Money-Förderung 2016-2017)

Projektlaufzeit:

seit 2016

Webseite des IFES

Projektbeschreibung:

Die Eurozonenkrise in der Europäischen Union, der Krieg in der Ostukraine sowie die Flüchtlingskrise in und um das Mittelmeer stellen Konfliktherde dar, die die Entwicklung Europas und seiner Gesellschaften hin zu einer immer engeren Union in Frage stellen. Vor der Folie der EU-Integration seit 1945 ließe sich angesichts der gegenwärtigen Krisen der Befund einer grundlegenden „Zeitenwende“ treffen. Eine längerfristige und räumlich geweitete Perspektive legt jedoch offen, dass das Durchbrechen von politischen, sozialen, gesellschaftlichen und mentalen Routinen in der europäischen Entwicklungsgeschichte eher den Normalfall als eine Ausnahmesituation darstellt. Der Blick auf die letzten etwa 150 Jahre europäischer Zeitgeschichte lässt den Schluss zu, dass Europäisierung keineswegs ausschließlich fortschrittsorientiert war und dass mithin das Modell der marktwirtschaftlichen Demokratie nur als eine unter mehreren denkbaren Ordnungen galt und gilt. Weder empirisch noch theoretisch sind die Versprechen der Moderne – Freiheit, Gleichheit, Demokratie, Wohlstand, Gewaltzähmung – und Prozesse der Europäisierung zwingend miteinander verknüpft. Die in der Kolleg-Forschergruppe vertretenen Wissenschaftler/innen widmen sich den Brüchen und der Konfliktgeschichte von Moderneversprechen und Europäisierungsprozessen anhand prägnanter „Kippfiguren“. Dabei wird die gesamteuropäische Geschichte und Gegenwart unter der analytischen Prämisse einer konflikthaften Wechselbeziehung von Moderneversprechen, Ordnungsvorstellungen und Europäisierung in den Blick genommen.


Europäisierung als konflikthafter Prozess: ein Forschungsprogramm

Das gegenwärtige Verständnis von „Europäisierung“ ist nach wie vor geprägt von teleologischen und linearen Vorstellungen, zunehmender Integration und Fortschritt. Allerdings sind und waren Momente intensiver europäischer Entwicklung gerade von ambivalenten Aspekten und widersprüchlichen Prozessen charakterisiert. Das Forschungsprojekt „Ambivalenzen der Europäisierung“ verfolgt das Ziel, diese Ambivalenzen als Kern der Europäisierung zu verstehen und zu systematisieren.

Die Ausgangshypothese des Projekts lautet dabei, dass Moderne und Europa seit ihrer gemeinsamen Genese im 18. Jahrhundert eng miteinander verknüpfte Konzepte sind. Da die Ambivalenzen den notwendigen komplementären Gegenpart der Moderne als Ordnung darstellen, konstituieren sie ebenso den Kern der Europäisierung. In diesem Sinne waren es nicht friedliche Momente, sondern vielmehr Krisen, Konflikte, Widerstände und Unbestimmtheit, welche die historische Entwicklung Europas maßgeblich beeinflusst haben.

Tendenzen der Homogenisierung und Differenzierung, der Integration und Desintegration sowie der Synchronisierung/Beschleunigung und Entsynchronisierung/Verzögerung sind gleichzeitig präsent und bilden den Motor einer prinzipiell nichtlinearen Europäisierung. Ambivalenzen werden im Projekt in drei Dimensionen als empirische Phänomene analysiert: symbolische Bedeutungen, historische Vielschichtigkeit und institutionelle Praktiken stehen im Fokus eines umfassenden, interdisziplinären und nicht-teleologischen Verständnisses von Europäisierung. 

Zuordnung des Projekts zu den Gegenstandsbereichen:

Grenze
Migration