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EVTZ-Kompetenzzentrum

evtz-kompetenzzentrum ©EVTZ-Kompetenzzentrum

Kurzbeschreibung:

Das „EVTZ-Kompetenzzentrum" war ein temporäres und angewandtes Forschungsprojekt, das von 2014-2017 durch das Viadrina Center B/ORDERS IN MOTION unterstützt wurde. Die Hauptaufgabe des Projektes bestand in der interdisziplinären wissenschaftlichen Erforschung der EU-Rechtsform des Europäischen Verbunds für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ) aus rechts- und politikwissenschaftlicher Perspektive als ein besonderes Instrument der grenzüberschreitenden, transnationalen und interregionalen Kooperation von öffentlichen Einrichtungen innerhalb der EU. Im Rahmen des Projekts wurden zwei große Fachkonferenzen mit regionaler, nationaler und europäischer Beteiligung organisiert: Am 5.6.2014 fand die Konferenz „Die Reform der EVTZ-Verordnung – Neuer Schwung für die grenzüberschreitende Kooperation von Hoheitsträgern?“ und am 15.9.2016 die Konferenz des EVTZ-Kompetenzzentrums zum Thema „10 Jahre EVTZ – eine kritische Bilanz“ statt. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse des Projekts flossen in ein Sammelband und in eine Dissertation von Peter Ulrich ein, die 2019 verteidigt und 2021 im Nomos-Verlag publiziert wurde.

Projektteam: Das Projekt wurde von den Rechtswissenschaftlern Dr. Marcin Krzymuski, LL.M. (Projektleiter) und Philipp Kubicki und vom Politikwissenschaftler Peter Ulrich von 01/2014-03/2017 bearbeitet. Mittlerweile arbeiten Dr. Marcin Krzymuski für das Kooperationszentrum Frankfurt (Oder)-Słubice und Dr. Peter Ulrich für das Leibniz-Institut für Raumbezogene Sozialforschung, sowie die Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg.

Wissenschaftlicher Rat:

Das Projektteam wurde beraten von einem wissenschaftlichen Rat. Der Rat setzte sich zusammen aus den rechtswissenschaftlichen Viadrina-Professoren Prof. Dr. Matthias Pechstein, Prof. Dr. Carsten Nowak und dem politikwissenschaftlichen Professor Prof. Dr. Jürgen Neyer.

Kooperationspartner:

Das EVTZ-Kompetenzzentrum hat über ein breites Netz an Kooperationspartnern verfügt. Die institutionellen Kooperationspartner waren das Frankfurt Institut für das Recht der Europäischen Union (fireu), das Zentrum für interdisziplinäre Polenstudien (ZIP), die Arbeitsgruppe Grenztheorien am Viadrina Center B/ORDERS IN MOTION und das ehemalige deutsch-polnische Forschungsinstitut am Collegium Polonicum. Externe Kooperationspartner waren zudem Prof. Dr. Magdalena Musiał-Karg (Adam Mickiewicz-Universität Poznań), Prof. Dr. Jarosław Jańczak (Adam Mickiewicz-Universität Poznań und Viadrina), Jens Kurnol und Dr. Wilfried Görmar (Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung), Prof. Dr. Hans Joachim Kujath (Leibniz-Institut für Raumbezogene Sozialforschung, †), Dr. hab. Renata Kusiak-Winter (Universität Wrocław), Prof. Dr. Robert Knippschild (Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung) und Prof. Dr. Wojciech Lisiewicz (Fachhochschule Schmalkalden).


Output und Ergebnisse:

Im Rahmen des Projekts wurden zwei Konferenzen an der Europa-Universität Viadrina durchgeführt:

  • „Die Reform der EVTZ-Verordnung – Neuer Schwung für die grenzüberschreitende Kooperation von Hoheitsträgern?“ (5.6.2014)
  • „10 Jahre EVTZ – eine kritische Bilanz“ (15.9.2016)

Neben zahlreichen Artikeln entstanden im Rahmen des Projekts auch folgende Bücher:

  • Krzymuski, Marcin / Margoński, Marcin (Hrsg.):„Znad granicy ponad granicami. Księga Dedykowana Profesorowi Dieterowi Martiny“, Warszawa: C.H.Beck, 2014.
  • Banaszak, Bogusław / von Brünneck, Alexander / der Vries, Tina / Krzymuski, Marcin (Hrsg.):„Rechts- und Wirtschaftswörterbuch. Słownik prawa i gospodarki“, Warszawa: C.H. Beck, 2015 (3. Aufl.).
  • Krzymuski, Marcin / Kubicki, Philipp / Ulrich, Peter (Hrsg.): „Der Europäische Verbund für territoriale Zusammenarbeit. Instrument der grenzübergreifenden Zusammenarbeit nationaler öffentlicher Einrichtungen in der Europäischen Union“, Baden-Baden: Nomos, 2017.
  • Ulrich, Peter: "Participatory Governance in the Europe of Cross-Border Regions. Cooperation – Boundaries – Civil Society", Border Studies. Cultures, Spaces, Orders Vol. 4, Baden-Baden: Nomos, 2021.


Weitere relevante Artikel (auch nach 2017):

  • Ulrich, Peter/Scott, James W. (2021): Cross-Border Governance in europäischer Regionalkooperation. in D. Gerst, M. Klessmann, & H. Krämer (Hrsg.), Grenzforschung: Handbuch für Wissenschaft und Studium (S. 156–174). (Border Studies. Cultures, Spaces, Orders; Band 3). Baden-Baden: Nomos.
  • Ulrich, Peter (2020): Territorial Cooperation, Supra-regionalist Institution-building and National Boundaries: The European Grouping of Territorial Cooperation (EGTC) at the Eastern and Western German borders. European Planning Studies, 28(1), 57-80.
  • Krzymuski, Marcin/Ulrich, Peter (2019): The diffusion of legal systems in the cooperation of cross-border public entities. in J. Beck (Hrsg.), Transdisciplinary Discourses on Cross-Border Cooperation in Europe (S. 213-231). Brüssel: Peter Lang.
  • Ulrich, Peter/Krzymuski, Marcin (2018): Actor´s participation in cross-border governance structures at the German-Polish border. Case Studies from the Viadrina region. in B. Wassenberg (Hrsg.), Castle Talks on Cross-Border Cooperation. Fear of Integration? The Pertinence of the Border (S. 153-183). Stuttgart: Steiner.
  • Ulrich, Peter/ Krzymuski, Marcin (2017): Zarządzanie terytorialne na obszarze polsko-niemieckiego pogranicza na przykładzie planowanego EUWT TransOderana – podmioty, strategie, instytucje. in Z. Kurcz (Hrsg.), Polskie pogranicza w procesie przemian: Tom IV (S. 305-335). Wrocław: Wydawnictwo Uniwersytetu Wrocławskiego.
  • Krzymuski, Marcin/Kubicki, Philipp (2015): EUWT 2.0? Reforma rozporządzenia o europejskich ugrupowaniach współpracy terytorialnej szansą na ożywienie współpracy transgranicznej podmiotów publicznych, Samorząd Terytorialny 2015, Nr. 6, S. 23-37
  • Krzymuski, Marcin/Kubicki, Philipp (2014): EVTZ-2.0 – Neue Chance für die grenzübergreifende Zusammenarbeit öffentlicher Einrichtungen?, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 2014, S. 1338-1344

Ursprüngliche Projektbeschreibung:

Das Hauptziel des Projektes „Entgrenzung von Grenzregionen – Der Europäische Verbund für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ) als Instrument der territorialen Kooperation von Kommunen in Europa“ (kurz: EVTZ-Kompetenzzentrum) besteht in der interdisziplinären wissenschaftlichen Erforschung des Europäischen Verbundes für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ) als eines besonderen unionalen Rechtsinstruments für die grenzüberschreitende Kooperation von öffentlichen Einrichtungen.

Der EVTZ ist ein selbständiges Rechtssubjekt, mit dessen Zurverfügungstellung das Ziel verfolgt wird, die grenzüberschreitende, transnationale und/oder interregionale Zusammenarbeit zwischen seinen Mitgliedern – öffentlichen Einrichtungen aus den Mitgliedstaaten der EU – zu erleichtern und zu fördern. Sein ausschließlicher Zweck besteht in der Stärkung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts. Den rechtlichen Rahmen hierfür bildet die Verordnung (EG) Nr. 1082/2006 über den Europäischen Verbund für territoriale Zusammenarbeit.

Die Projektpartner haben sich zur Aufgabe gemacht, am Beispiel des EVTZ die Zusammenhänge und gegenseitigen Wechselwirkungen juristischer, politik-, und wirtschaftswissenschaftlicher Art der interkommunalen Kooperation darzustellen.

Hiervon ausgehend soll sich die Forschungstätigkeit im rechtswissenschaftlichen Bereich auf folgende Bereiche konzentrieren: der Rechtscharakter eines EVTZ, seine Kompetenzen und Aufgaben, Möglichkeiten und Schranken für die Errichtung eines EVTZ in den einzelnen mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen und Vergleich mit anderen Rechtsformen territorialer Zusammenarbeit in der EU.

Des Weiteren soll der Frage nachgegangen werden, welchen Mehrwert ein EVTZ für eine Informations- und bürgerliche Gesellschaft insbesondere in der deutsch-polnischen Grenzregion mit sich bringt.

Die Errichtung von EVTZ kann auch mit Macht- und Kompetenzverlusten für integrationswillige Einheiten verbunden sein sowie Fragen des Institutionendesigns, der Kompetenzallokation, der Auswahl von politischem Personal und der demokratischen Kontrolle übertragender Kompetenzen implizieren. Höchst politisch und relevant ist daher die Antwort auf die Frage, ob durch die Errichtung solcher grenzüberschreitenden Strukturen z.B. eine gewisse Erosion von EU-Mitgliedstaaten bzw. ihren Untergliederungen einhergehen könnte.

Bericht Abschlußkonferenz am 15.9.2016 – „10 Jahre EVTZ – eine kritische Bilanz“:

Am 15.9.2016 fand wieder in Frankfurt (Oder) die Konferenz des EVTZ-Kompetenzzentrums zum Thema „10 Jahre EVTZ – eine kritische Bilanz“ statt.

Zum zweiten Mal haben sich die Wissenschaftler und Praktiker der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit an der Viadrina zur Debatte getroffen. Das Motto war diesmal die 10-jährige Erfahrung mit dem Instrument des Europäischen Verbundes für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ). Die Konferenz war zugleich Abschlusstagung des Projektes „Entgrenzung von Grenzregionen – Der Europäische Verbund für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ) als Instrument der territorialen Kooperation von Kommunen in Europa“, das seit 1.1.2014 im Rahmen von Viadrina Center B/ORDERS IN MOTION betrieben wird.

Eröffnet wurde die Konferenz von Herrn Professor Matthias Pechstein und Herrn Professor Jürgen Neyer, die den wissenschaftlichen Rat des Projektes vertreten haben. Anschließend hat Herr Dr. Marcin Krzymuski, Leiter des Projektes, das Team und die Ergebnisse des Projektes vorgestellt.

Im ersten Panel wurden 10 Jahre des EVTZ aus der Sicht der EU, insbesondere der Europäischen Kommission, beurteilt. Herr Dirk Peters von der GD REGIO stellte die geschichtliche Entwicklung der Diskussion, die im Erlass der EVTZ-VO im Jahr 2006 mündete. Ferner besprach er die Reform der EVTZ-VO im Jahr 2013 sowie ihre – nur partiell abgeschlossene – Umsetzung in den Mitgliedstaaten. Für die Zukunft hat er auf den für 2018 anvisierten Bericht hingewiesen, in dem die Kommission anhand von festzulegenden Indikatoren die Wirksamkeit und Effizienz des unionalen Kooperationsinstruments bewertet. Es wird aber bereits jetzt überlegt, inwieweit eine freie Sitzverlegung, Aufnahme von privaten Vereinigungen sowie steuerliche Erleichterungen eingeführt werden sollen. Herr Peters ist in seinem Vortrag auch auf die Initiative der Luxemburger Präsidentschaft (2. Jahreshälfte 2015) eingegangen, die Ideen für den Abbau von rechtlichen Hürden für die grenzüberschreitenden Zusammenarbeit u.a. durch die Aufwertung des EVTZ-Instruments gestiftet hat.

Das zweite Panel widmete sich der mitgliedstaatlichen Perspektive. In diesem Teil der Konferenz stellte zunächst Herr Jürgen Oser von dem Regierungspräsidium Freiburg seine Erfahrungen mit der Gründung von EVTZ mit Beteiligung deutscher Partner. Er betonte kritisch, dass die EVTZ im nationalen Recht oft als Instrument behandelt werden, welches einem strikten Regime zu unterstellen ist. Da das Nutzen des Instruments noch nicht ganz genutzt wird, seht seiner Ansicht nach, offen. Es sind aber noch wesentliche Hürden zu überwinden, welche das Instrument für die tägliche Praxis der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit unbrauchbar oder nur schwer einsetzbar machen. Um das Instrument mehr handhandbar zu machen, postulierte er Schaffung eines europäischen Best-Practice-Kommentars. In folgendem Vortrag hat Frau Dr. Lilla Bognár vom Außenministerium Ungarn die Erfahrungen mit der Errichtung von EVTZ mit ungarischer Beteiligung (mittlerweile 23 Verbünde, 39% aller EVTZ europaweit) zusammengefasst. Sie hat die Vereinfachungen in der nationalen Gesetzgebung infolge der Reform von 2013 betont. Ungarn zeichnet sich auch dadurch aus, dass die Verbünde mir Sitz in diesem Land auch eine finanzielle (Zuschüsse) und inhaltliche (Beratung) Unterstützung bekommen. Auch aus ihrer Sicht sind immer noch nicht alle Vorteile von EVTZ gänzlich wahrgenommen. Zum Abschluss hat sie auch, wie ihr Vorredner, u.a. auf die Notwendigkeit der Sammlung von praktischen Erfahrungen und Entwicklung eines erleichterten Informationszugangs hingewiesen. In der anschließenden Diskussion wurde nochmal aufgegriffen, wie relevant für die Förderung der Verbünde die Schaffung eines einheitlichen und klaren Rechtsrahmen im der nationalen Gesetzgebung ist. Zwar bieten die offenen Umsetzungsakte den interessierten Partnern viel Flexibilität. Der Preis dafür ist aber, die mangelnde Rechtssicherheit.

Die Tagung zeigte, dass die EVTZs großes Potential für die Förderung der grenzüberschreitenden Kooperation haben. Sie können mit ihrer juristischen Selbständigkeit, finanziellen Unabhängigkeit viele Hürden überwinden, die die auf dem Lead-Partner-Prinzip aufbauenden Kooperationen nicht bewältigen können. Sie wurden gerade dazu gemeistert, viele bisher offenen Fragen in der lokalen grenzübergreifenden Zusammenarbeit durch Einsatz eines einheitlichen Gremiums zu schließen. Allerdings wird das Potential dieses Instruments nicht vollständig ausgenutzt. Zum einen steht dem im Wege, dass die Mitgliedstaaten in der Regel die institutionelle Zusammenarbeit an ihren Grenzen nicht gerne unterstützen. Hierfür werden auch politische Argumente in die Diskussion einbezogen. Dazu gehören vor allem langfristige Verbindlichkeit der Kooperation und Unterwerfung des EVTZ dem Recht nur eines Mitgliedstaates. Angesichts dessen, dass der EVTZ vornehmlich als Zusammenschluss von öffentlich-rechtlichen Einrichtungen konzipiert wird, wirft dies viele politische Fragen auf. Des Weiteren ist trotz zahlreicher Vorteile immer noch nicht der Mehrwert des Instruments gegenüber anderen formell-institutionellen und informellen Kooperationsformen nicht ganz ersichtlich.